DAS ÜBERWINDEN VON ILLUSIONEN – “BREAKING THE WALL OF ILLUSION”
THINKLETTER © Dr PHeinl Ausgabe No 41– 02 September 2018
Liebe Thinkfans,
Euch/Ihnen allen möchte ich einen herbstlich angehauchten Spätsommergruß zukommen lassen, in der Hoffnung, dass Eure/Ihre grauen und weißen Hirnzellen dank ausreichend funktionierender cerebraler Kühlsysteme wie Blut- und Liquorzirkulation die nicht allzu lang zurückliegende sommerliche Hitzezeit, die an manchen Orten des Globus, und vor allem denen, die von Feuerbrünsten heimgesucht wurden – die an ein von Menschenhand verursachtes Auto-da-Fe’ des uns alle beheimatenden Planeten Erde erinnern – unbeschadet und mit unversengt gebliebener Zuversicht überstanden haben.
Es fiele mir nicht schwer, eine ganze Thinkletter mit Entschuldigungen dafür anzufüllen, weshalb wiederum Monate seit der letzten Thinkletter ins Land gezogen sind. Gewiss spielte der Umstand eine Rolle, dass einige Scheiben des leider nicht unbeschränkten Kuchens der verfügbaren Zeit der Publikation von zwei neuen Büchern, die beide am 20. Juni erschienen, nämlich Die Sänfte des Zufalls und Die Krönung der Anhöhe, zugute kamen.
Und es wäre vermessen auszuschließen, dass, auch wenn die Hitzewelle den Neuronen keinen bleibenden Schaden zugefügt hat, sie vielleicht dazu geführt hat, dass die wenn auch nur minimal erhöhte Temperatur des sie umgebenden Milieus die Versuchung, sich einem dolce far niente hinzugeben, verstärkte. Doch dies ist, wie ich schon andeutete, eine Hypothese.
Schließlich mag auch das derzeit im Engelland vorherrschende politische Klima, dessen Unvorhersehbarkeit und Launenhaftigkeit bis hin zur schieren Unerfreulichkeit sich der Vorhersehbarkeit politischer Meteorologen entzieht, dazu führte, dass es geradezu unmöglich schien, Aussagen zu machen, die mehr als einen Tag Gültigkeit hatten.
Letztlich glaube ich, dass, auch wenn dieses Hintergrundspanorama einen dämpfenden Effekt auf die Bereitwilligkeit der Neuronen gehabt haben mag, eine Thinkletter zu verfassen, dies nicht der entscheidende Grund für das Nichtverfassen einer Thinkletter gewesen ist.
Ich glaube, es war einfach so, dass die Neuronen ihrem Eigensinn treu blieben, ihre Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was ihnen in den letzten Monaten vordringlich erschien – und dies waren in den letzten Zeit die oben genannten Bücher sowie die Arbeit an weiteren Buchwesen, von denen eines, nämlich Unflug. Eine surreale Reise gerade erschienen ist.
Heute morgen jedoch, als ich mich noch in einem Schwebezustand befand, in dem es mir nicht möglich war, exakt zu definieren, ob der Anteil des Wachzustands größer war als der des Restschlafs, es jedoch nicht unterlassen konnte, den Kontakt zum Weltgeschehen mithilfe des Griffs zu meinem Handy zu aktualisieren, stieß ich auf einen Artikel mit einem Titel, der den Begriff “Mr Beam” enthielt, wobei ich – aufgrund des gerade erwähnten noch nicht vollständig wiederhergestellten Wachzustands – diesen Begriff zunächst mit dem des von mir verehrten “Mr Bean” verwechselte.
Glücklicherweise klärte sich dieser Irrtum bei der Lektüre dieses Artikels sehr schnell auf. Nicht nur das: Als habe die Magie ihre Hand im Spiel, war es, als würde eine frische, über die zerebralen Furchen ziehende Brise auch die Neuronen aufmuntern, folgten sie mit gespannter Aufmerksamkeit der Lektüre dieses Artikels und, nachdem die ablehnende Haltung gegenüber dem Verfassen einer Thinkletter wie ein Spuk verflog, erklärten sich die Neuronen bereit, auf diesen Artikel im Rahmen einer Thinkletter hinzuweisen – auch weil ich nicht umhin konnte, von der wissenschaftlichen Arbeit und den atemberaubenden Erkenntnissen des Wiener Professors Anton Zeilinger fasziniert zu sein:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/anton-zeilinger-zu-besuch-bei-mr-beam-a-1225894.html
Nicht minder faszinierend finde ich seinen Vortrag, in dem er quasi als Präambel ausführt, dass revolutionäre Umbrüche wissenschaftlichen Denkens – wie beispielsweise die, dass die Erde rund und nicht eine Scheibe sei oder dass die Erde nicht das Zentrum des Universums sei sondern ‘nur’ ein die Sonne umkreisender Planet oder dass Zeit und Raum keine fixen Größen seien – jeweils Zusammenbrüche von Illusionen gewesen seien, und dann neue Erkenntnisse darstellt, die, wenn man seinen Zukunftsvisionen Glauben schenken darf, zu völlig neuen Technologien führen werden.
Dieses Spektrum neuer Erkenntnisse sich im Einzelnen anzuhören und sich der Vorstellung hinzugeben, dass, so sehr man auch versucht sein mag, dass der revolutionäre, technologisch angetriebene Charakter des Zeitalters, in dem wir leben, vielleicht noch von viel größeren Umwälzungen bestimmt werden wird, hierzu mag Professor Zeilingers Vortrag “Breaking the Wall of Illusion” anregen:
Auch wenn ich mich dieses Mal auf das Territorium physikalischen Denkens vorgewagt habe – wofür ich bei physikalisch beschlagenen Leser/innen um Nachsicht bitte – so bietet Professor Zeilingers Vortrag reichlich Futter für meine Fantasie, wenn er unter anderem von Teilchen spricht, die auch ohne eine materiellen Verbindung miteinander zu kommunizieren in der Lage sind – auch wenn dies offensichtlich im Widerspruch zu einer rationalen Sichtweise zu sein scheint.
Schon lang treibt mich die Frage um, wie es möglich ist, dass Menschen auch ohne ‘materielle’ Kommunikationsstrukturen dennoch wechselseitige Informationen empfangen können, weswegen ich in Licht in den Ozean des Unbewussten … auf S. 377 schrieb:
Oder die spannende Frage, ob wir Menschen uns in einem kommunikativen Feld bewegen, dessen Beschaffenheit es erlaubt, Informationen auf naturwissenschaftlich noch nicht definierbarem, beispielweise telepathischem Weg auszutauschen. Auch wenn letztere Idee mystisch anmuten mag und der Logik zu widersprechen scheint, so sei zu bedenken, dass es auch einmal eine Zeit gab – die in nicht allzu ferner Vergangenheit liegt –, in der es noch kein Wissen über elektromagnetische Wellen gab.
Ich werde die weitere Entwicklung in dieser Frage mit Spannung abwarten.
Manchmal versuche ich, mir vorzustellen, wie es wohl gewesen sind mag, in einer Zeit zu leben, wie zu Beginn des letzten Jahrhunderts, als ein bis dahin für endgültig erklärtes klassisches naturwissentschaftliches Weltbild und somit eine bis dahin bestehende dominierende Illusion zusammenbrach, und ob und falls ja, in welchem Maß sich dies auf das Bewusstsein der in dieser Zeit lebenden Menschen auswirkte, umso mehr als dann einbrechende Katastrophen wie der Erste Weltkrieg und der Untergang jahrhundertelang bestehender politischer Systeme mehr als nur eine Ablenkung gewesen sind.
So frage ich mich, ob wir vielleicht auch heute in einer Zeit leben, in der bis dahin für gültig erachtetes naturwissenschaftliches Denken untergeht und Neues entsteht, ohne dass wir es vielleicht in vollem Umfang merken oder uns bewusst sind, wie es sich auf unser Bewusstsein auswirkt oder auswirken wird, umso mehr als es derzeit mehr als genug drängendste ‘Ablenkungen’ politischer und ökologischer Natur gibt.
So danke ich meinen Neuronen, dass sie sich heute für diese Thinkletter haben animieren lassen, bitte um Verständnis, wenn ich mich vielleicht mehr als üblich auf das Glatteis des Spekulativen gewagt habe, erlaube mir, nochmals, auf das neue Buch Unflug. Eine surreale Reise hinzuweisen,
da in diesem Buch – auch wenn gewiss nicht in naturwissenschaftlicher Form –, auch das Spannungsfeld zwischen Realität und Surrealem, in dem sich unser Leben vollzieht, angesprochen wird, freue mich über lebhhafte Rückmeldungen und verbleibe in Erwartung der Dinge mit guten Wünschen und herzlichen Grüßen
Peter (Heinl)