Liebe Thinkfans,
Wenn ich Euch heute, animiert von den österlich gestimmten Neuoronen, einen herzlichen Gruß für eine fantasievolle Gestaltung der unter zweifellos ungewöhnlich einschränkenden Bedingungen stattfindenden Ostertage zusende, so tue ich es, weil ich Euch gerne noch einige Informationen zukommen lassen möchte, die sich vielleicht aus dem einen oder anderen Grund als hilfreich erweisen.
Nochmals möchte ich auf den folgenden Link hinweisen, der aufgrund zahlreicher grafischer Darstellungen einen ausgezeichneten Überblick über das weltweite Corona Geschehen vermittelt:
https://www.ft.com/coronavirus-latest
Auch heute darf ich wieder auf das auf meiner www.Thinkclinic.com befindliche Twitterfenster hinweisen, da ich dort 4 Corona-relevante Artikel platziert habe, wobei der derzeit sichtbare Artikel der zuletzt eingegebene Artikel ist:
www.thinkclinic.com/en/thinkclinic-2/dr-peter-heinl/
* Ein SPIEGEL Artikel, der illustriert, wie Max-Planck-Forscher mithilfe von Simulationen unterschiedliche Szenarien von Kontaktsperren durchspielen, um der Corona Pandemie Einhalt zu gebieten.
• Ein FT Artikel, der sich nicht nur auf den derzeitigen Premierminister Boris Johnson bezieht, sondern vor allem die wichtige Frage des Schweregrades und der Überlebenschance von Patient*innen behandelt, die auf Intensivstationen behandelt werden. Besonders relevant erscheinen mir die Ausführungen von Professor Alison Pittard, einer Spezialistin für Intensive Care Medicine, zu der erheblichen Länge des Genesungsprozesses, der durch eine PTSD (Posttraumatische Belastungsstörung) erschwert werden kann. Wer sich Professor Pittard’s Beschreibung der klinischen Situation vor Augen hält, wird es gewiss leichter finden, die gegenwärtigen Einschränkungen der Lebenssituation zu tolerieren.
• Ein FT Interview mit Bill Gates, der offensichtlich schon vor Jahren vor den Gefahren einer Pandemie warnte, der hochinteressante Einblicke in die gegenwärtige Lage vermittelt und der die Vision einer weltweiten Impfkampagne entwirft, sobald ein solcher Impfstoff zur Verfügung steht.
• Ein FT Artikel von Simon Kuper, der auf eine Reihe von Entwicklungen hinweist, die, auch wenn vielleicht schon im Kern vorhanden, voraussichtlich durch die Corona Pandemie in ihrem Wachstum beschleunigt werden.
Da ich in einer vorherigen Thinkletter auf die mental hilfreiche Rolle dessen hinwies, was ich als die psychologische Relativitätstheorie bezeichne, und da Ostern gewiss zu den Ereignissen zählt, in denen die Toleranz des Social Distancing in besonderem Maße getestet wird, möchte ich auf ein Beispiel hinweisen, das vielleicht im Sinne der psychologischen Relativitätstheore die Bewältigung der Ostertage erleichtern kann.
Gestoßen bin ich auf dieses Beispiel im Nachwort zu dem vor bald 400 Jahren erschienenen, empfehlenswerten Buch Handorakel und Kunst der Weltklugheit des Spaniers Baltasar Gracian, aus dem ich so manches Mal in Seminaren die Gelegenheit wahrnahm vorzulesen.
Das Beispiel bezieht sich auf das Schicksal des Romanisten Werner Krauss, der über Gracians Buch ein eigenes Buch mit dem Titel Gracians Lebenslehre verfasste, und zwar unter den folgenden, denkwürdigen Umständen, die, wie ich meine sagen zu dürfen, die gegenwärtige Unbill des Social Distancing in einem erträglicheren Licht erscheinen lassen:
Werner Krauss schrieb sein Buch über den spanischen Moralisten Gracián in der Todeszelle des Zuchthauses Plötzensee. Der berühmte Romanist war wegen seiner Aktivität in der Widerstandsgruppe “Rote Kapelle” vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt worden; im September 1944 wurde das Urteil in eine fünfjährige Haftstrafe umgewandelt. In einer Vorbemerkung zu diesem Buch, das erstmals 1947 bei Vittorio Klostermann erschien, schreibt Krauss:
“Diese Arbeit wurde 1943 unter besonderen Verhältnissen geschrieben. Der Verfasser war auf die ihm von wohlgesinnter Seite zur Verfügung gestellten GraciánAusgaben
angewiesen. Sekundärliteratur war ihm nicht zugänglich. Wenn nach der Befreiung eine grundlegende Änderung nicht vorgenommen wurde, so geschah es in der Meinung, dass eine Darstellungder Lebenslehre Graciáns aus ihren eigenen Voraussetzungen auch ohne genauere philologisch-historische Koordinierung ein allgemeineres Interesse verdienen kann.”
Hier ist der Link zu dem obigen Zitat:
www.amazon.de/Graciáns-Lebenslehre-Klostermann-RoteReihe-Band/dp/3465042018/ref=sr_1_1?
__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=31E11W8PC9F8B&dchild=1&keywords=werner+krauss&qid=1586434486&s=books&sprefix=werner+krause%2Caps%2C137&sr=11
Wenn ich bezüglich der psychologischen Relativitätstheorie eine weitere ihrer Facetten erwähnen darf, so ist es das Gefühl der Dankbarkeit, und zwar nicht nur einer Dankbarkeit gegenüber dem Umstand, bislang von Corona verschont geblieben zu sein, sondern im Laufe meines bisherigen Lebens eine Reihe von Attacken, seien sie bakterieller oder viraler Art überstanden zu haben – was auch meine Bewunderung für das lebenswichtige, immens komplexe Immunsystem erklärt – ein System, für dessen Erforschung Paul Ehrlich Bahnbrechendes geleistet hat.
Da ich die deutsche Sprache als eine wunderbare Sprache empfinde – alleine, wenn ich daran denke, dass sie es erlaubt, Worte wie Bausteine zu neuen, bislang nicht existenten Begriffen und Bedeutungen zusammenzufügen – und weil ihre Elemente, nämlich die Worte, immer wieder einmal tiefe Einblicke in die Art und Weise vermitteln, wie wir Menschen mit Worten Wirklichkeiten empfinden und darstellen, fasziniert es mich, dass es offensichtlich – sofern ich etymologisch richtig liege – eine gemeinsame Sprachwurzel für Dank und Denken gibt.
Auf diesem Hintergrund gilt dem Denken mein Dank in dem Sinne, dass es mich dahin führte, unterstützt von Susanne Krafts und Uwe Kohlhammers hervorragender künstlerischer Arbeit, wieder ein neues Buch mit dem Titel Der Zauber des Verstehens … herausbringen zu können – versehen mit einem sehr schönen Vorwort von Boris C. Motzki, der am Staatstheater Mainz Schauspiele inszeniert.
Hier ist der Link:
www.amazon.de/Zauber-Verstehens-organisierende-Raum-Zeit-Prozesse-Ich-Entwicklung/dp/1913248011/ref=sr_1_7?
__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&dchild=1&keywords=peter+heinl&qid=1586440008&s=books&sr=1-7
In Der Zauber des Verstehens geht es um Belange der Innenwelt – Empfindungen, Bilder, Gedanken, Verstehensprozesse, die sich im Gefolge des Buches Licht in den Ozean des Unbewussten einstellten und in eine unerwartet neue Richtung wiesen. Und somit um die Hinwendung zu einer Welt, nämlich der Innenwelt, die aufgrund der gegenwärtigen Beschränkungen, die dem Kontakt zur Außenwelt auferlegt werden, gewiss für die Gestaltung eines sinnvollen Gleichgewichts zwischen Außenwelt und Innenwelt förderlich, ja, bereichernd sein kann. Was mich wieder einmal an das großartige Zitat des berühmten Astronomen Johannes Kepler erinnert, der in einem Brief davon schrieb, dass er sich nun, nachdem seine astronomischen Pionierleistungen hinter ihm lagen, dem größten Kosmos, den es gäbe, zuwenden wolle, nämlich dem im Schädel verborgenen.
Für all die schönen Rückmeldungen, die ich zu den letzten 4 Thinkletters erhalten habe, möchte ich mich herzlich bedanken.
Da, wie es wohl dieses Mal der Fall sein wird, auch die Osterhasen nicht außer Hauses dürfen, betrachte ich diese Rückmeldungen als österliche Überraschungen, die auch immer wieder die Neuronen aufs Neue ermutigen, in ihrer Zauberwerkstatt aus elektrischen Impulsen das Wunder von Worten zu kreieren.
Ich wünsche Euch allen schöne Ostertage, erfreuliches Wohlbefinden, Gesundheit, Geduld, Gelassenheit und Zuversicht.
Herzliche Grüße
Peter (Heinl)